Archiv der Kategorie: Kunst

Aufregend trotz der Ankündigung: Die Ausstellung Transfer Transition Translation in der Galerie Reinhard Hauff

Politisch engagierte Kunst in Zeiten wachsender Flüchtlingsströme – das könnte man von der aktuellen Ausstellung in der Stuttgarter Galerie Reinhard Hauff erwarten: Transfer Transition Translation, so lautet der Titel; das ist zwar nicht gleichzusetzen mit erzwungener Ortsveränderung, aber Transfer bedeutet Verlagerung, Transition Übergang, Translation Übersetzung, lauter Begleitphänomene, die auch mit Flucht und Ortsveränderung einhergehen. Und doch ist das keine vordergründig politische, genau genommen nicht einmal eine thematische Ausstellung, denn letztlich hat der Künstler Thomas Locher lediglich unter diesem Titel neun Studierende der dänischen Kunstakademie in Kopenhagen versammelt, wo er einen Lehrauftrag hatte. Und so wird der Titel in der Ausstellungsbeschreibung denn auch gleich relativiert: Man habe die Künstler nicht in ein konzeptuelles Schema pressen wollen, weshalb die Thematik auf den ersten Blick nicht greifbar sei. Es gehe um Auseinandersetzungen mit formalen Fragen der unterschiedlichsten Medien in freier Präsentation. Die Ausstellung verwende daher „ein methodisch [sic!] sowie fotografisches oder auch kinematografisches Dispositiv als Bezugssystem“. Wer nach Lektüre solcher Sätze dennoch die Ausstellung besucht, ist nicht ganz ohne Mut oder verfügt über zu viel freie Zeit. Dabei wären solche Phrasen gar nicht nötig.

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Es muss nicht immer Origami sein. Plastiken aus Papier im 20. Jahrhundert

Asien war Europa in vielem weit voraus. Es war die Wiege des Schwarzpulvers, hier wurde Papier erstmals hergestellt, und hier entdeckte man auch, dass Papier nicht auf die Blattform beschränkt sein muss. Vor zweitausend Jahren kam man dort auf die Idee, Objekte aus Papier zu falten, und brachte sie rund tausend Jahre danach zur künstlerischen Blüte: Origami. Die Mauren setzten die Technik zu ornamentalen Zwecken ein, und die Deutschen im 19. Jahrhundert zu pädagogischen. Künstlerisch bedeutend wurde der dreidimensionale Umgang mit Papier in Europa erst im 20. Jahrhundert, danach war das Papier aus der Kunst allerdings nicht mehr wegzudenken, wie jetzt eine Ausstellung in der Kunsthalle Vogelmann in Heilbronn zeigt: Skulpturen aus Papier.

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Die große Kunst des Comic: Der japanische Holzschnitt

Picasso bedauerte, keine Comics geschaffen zu haben, und Lyonel Feininger, der spätere Bauhauskünstler, begann seine Karriere – als Comiczeichner. Comic und Kunst schließen einander also nicht aus, wie Künstler wie Charles M. Schulz, Roy Lichtenstein oder Art Spiegelman zeigen. Dennoch denkt man hierzulande bei Comics an Heftchenerzählungen für Kinder, an Mickey Mouse und Fix und Foxi, an Sprechblasen, die mit wilden Zacken andeuten, dass der Held wütend ist. Im Westen musste sich der Comic seine Kunstwertigkeit erst verdienen, ganz anders in Japan, wo der Comic in einer langen altehrwürdigen Kunsttradition steht, wie eine Ausstellung in Schloss Messkirch zeigt.

Astro Boy, Merchandizing Figur nach Osamu Tezuka

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Einfach tierisch – allzu menschlich. ArtGenossen in Bad Saulgau

Er war Publikumsliebling und Medienstar: Eisbär Knut. Vor ihm schafften es auf die obersten Stufen der Beliebtheitsskala Gorilla Bobby, Rüsselrobbe Roland, die Giraffe Rike, Pelikan Methusalem, selbst ein Flusspferd namens Knautschke. Tiere sehen dich an, betitelte Paul Eipper schon 1928 ein erfolgreiches Buch. Der Hund gilt als des Menschen liebster Freund – und doch lässt der Mensch Tiere auch in Massenhaltung leiden, in Fabriken töten. Das Verhältnis Mensch-Tier ist zwiespältig – wie mag es da erst das Verhältnis Tier-Mensch sein. Eine Ausstellung in Bad Saulgau versucht Antworten zu geben: ArtGenossen.

                                                                   Pavel Feinstein. O.T.

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Zwischen den Welten: Die Raumkunst von Camill Leberer

Der Raum sei euklidisch und dreidimensional, befand vor 400 Jahren Isaac Newton und zementierte, was vor zweieinhalbtausend Jahren der Grieche Euklid definiert hatte: ein Phänomen aus Höhe, Breite und Tiefe. Das freilich wurde im 20. Jahrhundert durch Albert Einstein relativiert, ebenso wie der Begriff Materie, die eben nicht mehr wie einst als feste Substanz gilt. Die moderne Physik hat das Weltbild erneuert – der Stuttgarter
Camill Leberer hat faszinierende künstlerische Visionen dazu entworfen, wie jetzt eine Ausstellung im MuseumArt.Plus in Donaueschingen zeigt.

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Farbe als Geschehen: Jason Martins „monochrome“ Malerei

Als Kasimir Malewitsch 1915 sein Schwarzes Quadrat auf weißem Grund malte, drang er zu einem Nullpunkt der Malerei vor. Jeder Verweis auf eine Welt außerhalb des Bildes war beseitigt, es galt nur noch die Bildfläche als solche. Die extreme Reduktion auf eine Farbe hat seither die Maler immer wieder fasziniert, doch nicht immer hieß monochrom einfarbig, wie Ad Reinhardt fünfzig Jahre nach Malewitsch mit seinen Black Paintings zeigte, die eine Vielzahl an Schwarztönen enthielten. Die Farbfeldmalerei der 50er Jahre brachte dann die Farbe zum Schwingen, ließ sie eins werden mit dem Farbträger, der Leinwand. Das alles kann einem in den Sinn kommen, setzt man sich mit den Gemälden des Engländers Jason Martin auseinander. Seit zwanzig Jahren begnügt er sich meist mit einer Farbe pro Bild und wird daher gern ins Lager der Monochromen gestellt. Eine Ausstellung im Sindelfinger Schauwerk zeigt, wie wenig diese Einordnung seinem Werk gerecht wird.

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Träume aus Texten und Bildern: Malerbücher zu Beginn der Moderne

Er verliebte sich so unsterblich in sie, dass er sich am Ende das Leben nahm. Doch was genau Goethes Werther an Lotte so verzauberte, bleibt vage. Wir hören lediglich von einem Mädchen von schöner Gestalt und mittlerer Größe. Sprache kann zwar sehr konkret sein, doch bei der Beschreibung ihrer Figuren bleiben Dichter nicht selten ungenau, weshalb sich denn auch jeder Leser sein eigenes Bild von den Charakteren macht – es sei denn, ihm helfen Illustratoren. Meistern wie Grandville oder Doré verdanken wir das Bild eines hageren, sich mühsam im Sattel aufrecht haltenden Ritters von der traurigen Gestalt. Bei Cervantes ist er lediglich hager an Gestalt und dürr im Gesicht. Die Hochzeit solcher Buchillustrationen lag im 19. Jahrhundert und hätte eigentlich zu Beginn des 20. obsolet sein müssen, doch gerade da entwickelte sich eine ganz neue Tradition von „Bilderbüchern“, wie jetzt die Städtische Galerie in Bietigheim zeigt.

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Mit Japan in die Moderne. Der Farbholzschnitt um 1900 im Spendhaus Reutlingen

So deutlich wie van Gogh hat es kaum ein Künstler formuliert. Seine ganze Arbeit, so bekannte er 1888 in einem Brief an seinen Bruder Theo, baue auf den Japanern auf. Dabei wirkte sich dieses ostasiatische Vorbild auf seinen Gemälden nur in wenigen Einzelfällen besonders deutlich aus, etwa bei seiner Gestaltung von blauen Schwertlilien. Sehr viel unmittelbarer ist der Einfluss der Japaner mit ihrer Kunst der Farbholzschnitte bei französischen Künstlern wie Pierre Bonnard oder Toulouse-Lautrec ablesbar, wie derzeit eine Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart zeigt. Aber auch die Kunstzentren München und Wien blieben vom Japanfieber nicht verschont, wie jetzt das Spendhaus in Reutlingen zeigt: Alles war Von Japan inspiriert.

Martha Cunz, Niesen am Abend, 1917

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Geschichten, die die Kunst erzählt? Stories in your Mind in Esslingen

Warum lächelt Mona Lisa? Jahrhundertelang hat diese Frage die Menschen zu Spekulationen, Geschichten, Fantasien angeregt. Théophile Gautier fühlte sich vor ihr wie ein Schuljunge vor einer Herzogin, für Walter Pater war sie die Erfüllung eines tausendjährigen Begehrens des Mannes. Kunstexperten sind sich weitgehend einig, woher der Eindruck des Lächelns kommt: Es ist das Sfumato, mit dem da Vinci die Mundpartie eher vage angedeutet hat. Ist es so einfach? In einer Ausstellung in der Villa Merkel in Esslingen kann man derzeit darüber philosophieren, was an der Kunst angetan ist, solche Fantasien hervorzurufen, „stories in the mind“.

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Die Kunst vor dem Happening: Allan Kaprows Frühwerk

Er lud Kunstbesucher in einen Raum, dessen Wände aus Eis bestanden und alsbald zu schmelzen begannen. Er schickte eine Prozession mit Trillerpfeifen, Autoreifen und Ölfässern durch die Straßen von New York. Vor allem wollte er, dass der Kunstbetrachter aktiver Teilnehmer der Kunst sei, reine Zuschauer wollte er nicht, denn für ihn war Kunst alles und alles Kunst: Allan Kaprow war der Vater des Happenings – aber er begann ganz traditionell als Maler. Eine Ausstellung in der Esslinger Villa Merkel zeigt seinen langen Weg hin zum Happening.

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