Archiv des Autors: Dr. Rainer Zerbst

Bildgewordene Realität: Die Malerei von Hermann Pleuer

Hell, duftig-leicht, nicht selten mit dem Himmel und dem Spiel der meist weißen Wolken – das kennzeichnet viele Bilder der französischen Impressionisten. Der Name leitet sich denn auch von einem Gemälde mit einer aufgehenden Sonne von Claude Monet her. Ganz anders der „schwäbische“ Impressionismus. Der orientiert sich eher am erdigen Braun des Bodens, an dunklen Farbpaletten – so auch die Malerei von Hermann Pleuer, die die Kunststiftung Hohenkarpfen derzeit präsentiert.

Schlossplatz bei Regen, o.J. Foto: U. Schäfer-Zerbst

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Zwischen reinem Tanz und Erzählung. Noverre: Junge Choreographen 2024

Jede Kunstform hat spezifische Ausdrucksmöglichkeiten, die den anderen abgehen: Die Musik kann mit Tönen Bereiche ansprechen, die der Sprache nicht zugänglich sind, der Tanz kann es durch die reine Bewegung. Natürlich sind Vermischungen möglich und auch üblich, allerdings behutsam einzusetzen, wie unter anderem der neue Abend der Noverre-Gesellschaft in Stuttgart mit Arbeiten junger Choreographen zeigt.

Carlos Strasser © Stuttgarter Ballett

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Zwischen Natureindruck und abstrakter Gestaltung: Peter und Jenny Reininger

Wenn zwei dasselbe vor Augen haben, heißt das nicht, dass sie auch dasselbe sehen, denn „sehen“ heißt, sich ein Bild von etwas machen, und Bilder unterscheiden sich. Das lässt sich jetzt an einer Ausstellung in der Kreisgalerie Schloss Meßkirch nachvollziehen. Hier sind Bilder von Jenny und Peter Reininger zu sehen.

Peter Reininger, Santorini III (2023). Foto: U. Schäfer-Zerbst

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Abbild und reine Malerei: Werner Fohrers Bilder der Welt

Schon in der römischen Antike versuchten Maler, an Wänden die Realität naturgetreu zu kopieren. In der Stilllebenkunst der frühen Neuzeit feierten sie Triumphe, wenn sie Früchte so täuschend auf der Leinwand porträtierten, dass man nach ihnen greifen wollte. Wenn Künstler unserer Zeit mit dem Pinsel die Realität nachzuahmen scheinen, steckt meist mehr dahinter als bloße Augentäuscherei, wie etwa bei Werner Fohrer, von dem die Galerie „Fähre“ in Bad Saulgau eine Auswahl präsentiert unter dem Titel „Reflexion und Wirklichkeit“.

Der Gipfel schweigt (Jungfrau), 2011 Foto: U. Schäfer-Zerbst

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Geschlossen und offen, solide und verspielt: Das Haus bei Werner Pokorny

Einen Maler wie Vincent van Gogh erkennt man unschwer am Pinselstrich, selbst einen über die Jahrzehnte so vielgestaltigen Künstler wie Picasso oft an seinem Umgang mit Linie, Fläche und Gegenstand, selten aber kann man einen Künstler mit einem einzigen Motiv identifizieren. Bei dem Bildhauer Werner Pokorny war das Haus eine Art Lebensthema – nicht verwunderlich, steht es doch für Sicherheit, Geborgenheit, Zuflucht, also wesentliche existentielle Themen. Dass es auch für ganz andere Assoziationen Anlass bietet, zeigt eine Ausstellung der Galerie Schlichtenmaier in Dätzingen unter einem Titel, den man beim Thema Haus kaum vermutet: „Bewegung ins Offene.“

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Innen-Kunst: Interieurs und Stillleben

In der Kunstgeschichte unterscheidet man die beiden Gattungen; wie nah sie miteinander verwandt sind, zeigt eine Ausstellung im Kunstmuseum Albstadt: Interieur – das Bild eines Innenraums – und Stillleben, das Bild toter oder regloser Gegenstände. Ohne Stillleben, so ließe sich definieren, kein Interieur, und ohne Innenraum ist ein traditionelles Stillleben kaum vorstellbar.

Rolf Escher, Büchersturz in London (British Library), 1999 © VG Bild-Kunst, Bonn, 2024. Foto: U. Schäfer-Zerbst

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Ironie des Schicksals: Verdis Rigoletto an der Oper Stuttgart

Die Oper enthält eine der berühmtesten Tenorarien der Opernliteratur: „O wie so trügerisch“, gesungen von einem Herzog, der nur einen Lebenssinn kennt – sich zu amüsieren. Um die anderen Dinge kümmern sich eher zwielichtige Gestalten, und die Titelfigur – Rigoletto, der Hofnarr des Herzogs – redet diesem nach dem Munde, bis Rigolettos Tochter Gilda sich in den Herzog verliebt. Verdi hielt diese Oper für eine seiner gelungensten, im Unterschied zu anderen Opern verzichtete er auf Korrekturen und Überarbeitungen. 2015 inszenierte der damalige Stuttgarter Opernintendant und Meisterregisseur Jossi Wieler zusammen mit Sergio Morabito die Oper für die Stuttgarter Bühne. Jetzt ist sie wieder im Repertoire.

Foto: Martin Sigmund

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„Rauschhafte“ Kunst in der Städtischen Galerie Böblingen

Was seien schon Namen, lässt Goethe seinen Faust räsonieren – nichts als Schall und Rauch. Weniger nichtig, aber nicht weniger irreführend, wäre statt des Rauchs der Rausch – so ließe sich der Titel einer Ausstellung in der Städtischen Galerie Böblingen deuten – wären da nicht die Reize der Substanzen, die zum Rausch führen, aber auch deren Nebenwirkungen: „Schall + Rau(s)ch“.

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Welt im Wandel: Anthony Trollope „The Way We Live Now“ in neuer deutscher Übersetzung: „Umwälzungen“

Über hundert Bücher soll Frances Trollope verfasst haben, obwohl sie erst mit über fünfzig damit angefangen hatte, so berichtet es ihr Sohn Anthony, dem sie dadurch bei seinem bescheidenen Salär im Postdienst zu Beginn unter die Arme greifen konnte, bis er selbst mit Anfang dreißig zu schreiben begann. Er brachte es „nur“ auf knapp fünfzig Romane, was ihm die Kritik als Vielschreiber einbrachte. Das freilich muss kein negatives Qualitätsurteil sein; ihm gelangen brillante Porträts der englischen Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In einem seiner besten und mit rund tausend Seiten längsten Bücher zeichnete er 1875 das unterhaltsame und präzise Bild seiner Gesellschaft, die er sehr kritisch sah. Deutsche Verlage haben sich mit seinen Büchern schwer getan, jetzt ist sein vielleicht bedeutendstes in einer neuen Übersetzung erschienen: The Way We Live NowUmwälzungen. Ein Gesellschaftsroman.

Anthony Trollope, Umwälzungen – Erster Band

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Ganz Auge sein – Ein Gang durch die Gratianusstiftung in Reutlingen

Wie kleine Zwillinge der großen Kunstwerke wirken sie, die Schildchen, die man in Ausstellungen neben den Arbeiten findet mit Angaben über Künstler, Titel und Technik des Werks und damit fast identisch mit diesem, aber eben nur fast, denn diese Schilder – „Bildlegenden“ in der Fachsprache – sind, wie der lateinische Wortursprung nahelegt, etwas zum Lesen, Kunstwerke aber sind etwas zum Schauen. Daher findet man in der Gratianusstiftung in Reutlingen solche Schilder nicht. Die Malerin Gabriele Straub und ihr Mann Hanns-Gerhard Rösch wollen die Werke ihrer Privatsammlung ganz aus sich heraus wirken lassen, als Abenteuer des Auges.

Gabriele Straub, Mandarin, 2015. Foto: U. Schäfer-Zerbst

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