Archiv der Kategorie: Kunst

Zwischen Verzweiflung und Hoffnung: Hans-Jürgen Kossacks Plastiken in der Städtischen Galerie Tuttlingen

Wir alle fallen“ dichtete Rainer Maria Rilke in seinem Herbstgedicht, und meinte mit dem Herbst sicher nicht den in Süddeutschland so begehrten „Goldenen Oktober“, sondern den November, den Monat des grauen Himmels, des Endes. Im Kirchenjahr ist es der Monat des Gedenkens, mithin auch der Monat des Todes – ein Monat der Trübsal, der Melancholie. All das kommt einem in den Sinn in einer Ausstellung der Städtischen Galerie Tuttlingen mit Werken von Hans-Jürgen Kossack.

Herbstblume, 2023. Foto: U. Schäfer-Zerbst

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Wer bin ich? Künstler befragen sich selbst im Forum Kunst Rottweil

Der Philosoph René Descartes sah es als eine zentrale Institution – das Ich; er setzte es mit der Existenz gleich – ich denke, also bin ich. In der griechischen Mythologie ist ein so auf die eigene Person bezogenes Denken tödlich: Narziss stirbt an seiner Selbstverliebtheit und wird zur Blume – der Narzisse. Was aber ist das Ich – und wie viele gibt es, wie der Schriftsteller Richard David Precht in einem Buchtitel fragt. Das Forum Kunst in Rottweil zeigt in einer Ausstellung Beispiele, wie Künstler das Ich deuten: Ich, ich, ich.

Ottmar Hörl, Ich, 2003 © VG Bild-Kunst Bonn, 2023. Foto: U. Schäfer-Zerbst

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Wege in Rom – Künstler unserer Tage in der Villa Massimo

Für Hans Magnus Enzensberger war Rom ein „unkalkulierbarer, produktiver, phantastischer Tumult“, selbst der ewig spöttelnde Thomas Bernhard sah in der Stadt das „heutige Zentrum der Welt“. Kein Wunder, dass die Stadt der Antike und der Renaissance seit Jahrhunderten Künstler angezogen hat. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist die dort gelegene Villa Massimo durch den jährlich vergebenen Rompreis Möglichkeit für Künstler, ein Jahr ohne Sorgen um Kost und Logis nur ihrer Kunst leben zu können. Wie unterschiedlich die Reaktionen im Bereich bildender Kunst ausfallen können, zeigt eine Ausstellung im Kunstmuseum Hohenkarpfen: „Erinnerung an das Schöne. Süddeutsche Künstler in der Villa Massimo in Rom“

Robert Förch, Die römischen Nonnen, 1964 © Robert Förch und VG Bild-Kunst, Bonn 2023

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Nichts als Farbe: Berge aus der Sicht der Maler von heute

Sie seien Anfang und Ende aller Naturlandschaften, meinte vor hundertfünfzig Jahren der englische Kunstkritiker John Ruskin über die Berge, und Gebirge seien auf erhabene Weise von reizvollem Schrecken schon fünfzig Jahre davor sein Landsmann John Dennis. William Turner hat im 19. Jahrhundert mit seinen Alpenbildern dieses schrecklich Erhabene auf die Leinwand gebannt, zur selben Zeit hat sein deutscher Kollege Caspar David Friedrich im Riesengebirge das Geheimnis- und Schreckenvolle der Bergwelt entdeckt. Dass der Berg auch Künstler von heute fasziniert, zeigt eine Ausstellung in der Galerie Schlichtenmaier: „Der Berg ruft“.

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Nichts ist so, wie es scheint: Jörg Mandernachs bildnerische Verwandlungswelt

Mutabor“ ist das Zauberwort, mit dem sich in Wilhelm Hauffs Märchen Kalif Storch Menschen in Tiere verwandeln können und auch wieder zurück zu Menschen – wenn alles gut geht. Das Wort steht in einer Reihe mit dem „Sesam öffne dich“ aus Tausendundeine Nacht und dem „Simsalabim“ des Trickzauberers unserer Variétébühnen. Auf das Wort „Mutabor“ trifft man auch in der neuen Ausstellung von Jörg Mandernach in der Städtischen Galerie Tuttlingen – und weiß damit auch schon, worum es in Mandernachs Bildwelten geht: um Verwandlung.

Jörg Mandernach. What you see isn’t what you get, Ausschnitt. Foto: Horst Simschek

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Kunst „daheim“: Die Sammlung Kerp im Kunstmuseum Reutlingen/konkret

Man kann Kunst als Wertanlage sammeln, um kunsthistorische Epochen zu dokumentieren – oder aus ästhetischer Freude an Kunstwerken. Letzteres tat das Freiburger Ehepaar Kerp, auch wenn ihre Vorlieben zum größten Teil doch einer Kunstrichtung folgten, allerdings einer Richtung, die offenbar zeitlos ist, der konkret-konstruktivistischen. Die Erbin des Sammlerehepaars hat den größten Teil diese Sammlung dem Kunstmuseum Reutlingen für zehn Jahre zur uneingeschränkten Verwendung zur Verfügung gestellt. Das Museum präsentiert sie in einer ungewohnten Form.

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Zeitlose Malerei des 19. Jahrhunderts: Hans Thoma

Er liebte seine Schwarzwälder Heimat – Hans Thoma, 1839 in Bernau geboren – und war ganz der Malerei des 19. Jahrhunderts verpflichtet – was ihn aus heutiger Sicht leicht veraltet wirken lässt. Das ist er sicher auch, doch in einer Ausstellung in der Kunststiftung Hohenkarpfen kann man entdecken, dass auch eine solche ganz ihrer Zeit verhaftete Malerei selbst im 21. Jahrhundert ihre Faszination ausüben kann, sofern es sich um Malerei von Rang handelt. Bei Hans Thoma ist das, zumindest in seinen besten Arbeiten, der Fall.

Meernymphen, o.J., Foto: U. Schäfer-Zerbst

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Pole menschlicher Existenz: Die Passion aus der Sicht von Künstlern

Zwei sich im rechten Winkel querende Striche – ein Kreuz. Es findet sich schon in der Frühzeit der Menschen, in der Mathematik, im Straßenverkehr – und in der Religion, in der christlichen zumal an zentraler Stelle als Symbol für den Tod Christi. Dreißig Jahre lang lud die Gemeinde St. Fidelis in Sigmaringen Künstler unserer Tage zu Ostern ein, sich bildnerisch Gedanken zu diesem Anlass zu machen. Eine Ausstellung in der Kreisgalerie in Schloss Meßkirch dokumentiert diese Aktionen: „Der Tod hat nicht das letzte Wort.“

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Das Einst zum Leben erwecken: Die Kunst der Erinnerung von Julia Weißflog

Zucker, Eier, Butter, Mehl, etwas Vanille – mehr braucht es nicht für die süßen Madeleineküchlein. Durch Marcel Proust fanden sie Eingang in die Weltliteratur, denn ihr Geschmack entführt den Erzähler seines großen Romans Auf der Suche nach der verlorenen Zeit in die Welt seiner Kindheit, und sie sind nicht die einzigen Auslöser für seine Erinnerungen an die Vergangenheit. Auch eine Melodie oder der Anblick von drei Bäumen in Balbec entführen ihn in die „verlorene Zeit“. Bei der jungen Graphikerin Julia Weißflog war es das Haus ihrer Kindheitstage, wie die Ausstellung der diesjährigen Preisträgerin des Holzschnitt-Förderpreises des Freundeskreises des Kunstmuseums Reutlingen zeigt.

Scheinbar Unwichtiges XXV, 2022. Foto: U. Schäfer-Zerbst

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Rätselhafte Klarheit: Hans Peter Reuter

Es ist das vielleicht schlichteste, zugleich am eindeutigsten identifizierbare geometrische Gebilde: das Quadrat, zu dessen Konstruktion es einer einzigen Angabe bedarf: Seitenlänge oder Diagonale. Im Unterschied zu Rechteck, Raute oder Trapez ist ein Quadrat stets – frei nach Gertrude Stein – ein Quadrat ist ein Quadrat…. Der Maler Hans Peter Reuter hat es seit Jahrzehnten zur Keimzelle seines ganzen bildnerischen Schaffens gemacht – und sein enormes Ausdrucksspektrum trotz der Gleichförmigkeit demonstriert.

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