Der Kinderreim – wie auch so manche Kinderzeichnung – verrät das Wesen der abstrakten Gestaltung: Punkt Punkt, Komma Strich – mehr braucht es nicht für ein Gesicht. Der Bildhauer und Zeichner Hubert Rieber verzichtet auf jede naturalistische Ähnlichkeit mit dem menschlichen Kopf, und doch prägt diese Form sein Schaffen, wie jetzt eine Ausstellung in der Städtischen Galerie Tuttlingen zeigt.
Archiv der Kategorie: Kunst
Lichtkunst zwischen Sein und Nichtsein: Laurenz Theinert im Museum Ritter in Waldenbuch
Die im Dunkeln sehe man nicht, dichtete Bertolt Brecht in seiner „Dreigroschenoper“ und meinte das sozialkritisch. Doch gilt dieser Satz ganz allgemein für das menschliche Leben. Ohne Licht keine sichtbare Welt – abgesehen davon, dass ohne das wärmende Licht Existenz auf dieser Erde für uns unmöglich wäre. Eine Ausstellung mit Arbeiten von Laurenz Theinert im Museum Ritter in Waldenbuch zeigt, wie wichtig dieses Phänomen Licht für unsere Wahrnehmung ist und was für eine Zaubermacht ihm innewohnt: „Fehlende Dunkelheit“.
Laurenz Theinert, Gespinst, 2008/24 © Künstler, Foto: U. Schäfer-Zerbst
Bildgewordene Realität: Die Malerei von Hermann Pleuer
Hell, duftig-leicht, nicht selten mit dem Himmel und dem Spiel der meist weißen Wolken – das kennzeichnet viele Bilder der französischen Impressionisten. Der Name leitet sich denn auch von einem Gemälde mit einer aufgehenden Sonne von Claude Monet her. Ganz anders der „schwäbische“ Impressionismus. Der orientiert sich eher am erdigen Braun des Bodens, an dunklen Farbpaletten – so auch die Malerei von Hermann Pleuer, die die Kunststiftung Hohenkarpfen derzeit präsentiert.
Schlossplatz bei Regen, o.J. Foto: U. Schäfer-Zerbst
Zwischen Natureindruck und abstrakter Gestaltung: Peter und Jenny Reininger
Wenn zwei dasselbe vor Augen haben, heißt das nicht, dass sie auch dasselbe sehen, denn „sehen“ heißt, sich ein Bild von etwas machen, und Bilder unterscheiden sich. Das lässt sich jetzt an einer Ausstellung in der Kreisgalerie Schloss Meßkirch nachvollziehen. Hier sind Bilder von Jenny und Peter Reininger zu sehen.
Peter Reininger, Santorini III (2023). Foto: U. Schäfer-Zerbst
Abbild und reine Malerei: Werner Fohrers Bilder der Welt
Schon in der römischen Antike versuchten Maler, an Wänden die Realität naturgetreu zu kopieren. In der Stilllebenkunst der frühen Neuzeit feierten sie Triumphe, wenn sie Früchte so täuschend auf der Leinwand porträtierten, dass man nach ihnen greifen wollte. Wenn Künstler unserer Zeit mit dem Pinsel die Realität nachzuahmen scheinen, steckt meist mehr dahinter als bloße Augentäuscherei, wie etwa bei Werner Fohrer, von dem die Galerie „Fähre“ in Bad Saulgau eine Auswahl präsentiert unter dem Titel „Reflexion und Wirklichkeit“.
Der Gipfel schweigt (Jungfrau), 2011 Foto: U. Schäfer-Zerbst
Geschlossen und offen, solide und verspielt: Das Haus bei Werner Pokorny
Einen Maler wie Vincent van Gogh erkennt man unschwer am Pinselstrich, selbst einen über die Jahrzehnte so vielgestaltigen Künstler wie Picasso oft an seinem Umgang mit Linie, Fläche und Gegenstand, selten aber kann man einen Künstler mit einem einzigen Motiv identifizieren. Bei dem Bildhauer Werner Pokorny war das Haus eine Art Lebensthema – nicht verwunderlich, steht es doch für Sicherheit, Geborgenheit, Zuflucht, also wesentliche existentielle Themen. Dass es auch für ganz andere Assoziationen Anlass bietet, zeigt eine Ausstellung der Galerie Schlichtenmaier in Dätzingen unter einem Titel, den man beim Thema Haus kaum vermutet: „Bewegung ins Offene.“
Innen-Kunst: Interieurs und Stillleben
In der Kunstgeschichte unterscheidet man die beiden Gattungen; wie nah sie miteinander verwandt sind, zeigt eine Ausstellung im Kunstmuseum Albstadt: Interieur – das Bild eines Innenraums – und Stillleben, das Bild toter oder regloser Gegenstände. Ohne Stillleben, so ließe sich definieren, kein Interieur, und ohne Innenraum ist ein traditionelles Stillleben kaum vorstellbar.
Rolf Escher, Büchersturz in London (British Library), 1999 © VG Bild-Kunst, Bonn, 2024. Foto: U. Schäfer-Zerbst
„Rauschhafte“ Kunst in der Städtischen Galerie Böblingen
Was seien schon Namen, lässt Goethe seinen Faust räsonieren – nichts als Schall und Rauch. Weniger nichtig, aber nicht weniger irreführend, wäre statt des Rauchs der Rausch – so ließe sich der Titel einer Ausstellung in der Städtischen Galerie Böblingen deuten – wären da nicht die Reize der Substanzen, die zum Rausch führen, aber auch deren Nebenwirkungen: „Schall + Rau(s)ch“.
Ganz Auge sein – Ein Gang durch die Gratianusstiftung in Reutlingen
Wie kleine Zwillinge der großen Kunstwerke wirken sie, die Schildchen, die man in Ausstellungen neben den Arbeiten findet mit Angaben über Künstler, Titel und Technik des Werks und damit fast identisch mit diesem, aber eben nur fast, denn diese Schilder – „Bildlegenden“ in der Fachsprache – sind, wie der lateinische Wortursprung nahelegt, etwas zum Lesen, Kunstwerke aber sind etwas zum Schauen. Daher findet man in der Gratianusstiftung in Reutlingen solche Schilder nicht. Die Malerin Gabriele Straub und ihr Mann Hanns-Gerhard Rösch wollen die Werke ihrer Privatsammlung ganz aus sich heraus wirken lassen, als Abenteuer des Auges.
Nichts als Papier? Made of Paper im Museum Ritter
Papier sei geduldig, heißt es, weil sich auf Papier mühelos so ziemlich alles leicht schreiben lässt. Es ist daher möglichst neutral in der Oberfläche – aber auch ein wenig langweilig, weil gleichförmig. Dass es ursprünglich mühsam geschöpft wurde, dass es rund dreitausend verschiedene Sorten gibt und von Künstlern heute immer häufiger als Grundmaterial für ihre Arbeit bevorzugt wird, gerät dabei in den Hintergrund. Eine Ausstellung im Museum Ritter in Waldenbuch gibt Anlass, das Material neu zu bewerten. Hier ist – fast – alles aus Papier.