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Mit allen im Gespräch: Jossi Wielers Stuttgarter Opernintendanz

Es war ein kritischer Moment in der Geschichte der Oper in Stuttgart, als der Vertrag von Intendant Albrecht Puhlman nicht verlängert wurde, denn auch wenn der Verwaltungsrat der Meinung war, ein Wechsel an der Spitze sei angebracht, so war die Ära Puhlmann doch geprägt durch herausragende Opernproduktionen, und große Intendanten sind Mangelware, wie die für die Oper auch zuständigen Politiker merken mussten, als sie dem Verwaltungsrat ihren Lieblingskandidaten wie ein Überraschungsei gleich persönlich vorstellen wollten. Sie scheiterten – und als der Verwaltungsrat danach bei Jossi Wieler anfragte, ob er die Nachfolge übernehmen würde, war ein Ja keineswegs sicher, denn Wieler ist Regisseur, die bisherigen Intendanten waren Dramaturgen oder Musikwissenschaftler bzw. -kritiker. Wieler sagte zu. Jetzt, nach sieben Spielzeiten, widmet er sich wieder ganz seiner künstlerischen Arbeit.

Sergio Morabito, Jossi Wieler. Foto: Martin Sigmund

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Die Psychologie des Affekts: Jossi Wieler und Sergio Morabito deuten Händels Ariodante

Für Johann Christoph Gottsched, einen der führenden Literaturtheoretiker des 18. Jahrhunderts war sie „das unnatürlichste und ungereimteste Werk, das der menschliche Verstand jemals erfunden hat“: die Oper – und wenn es eine Epoche gibt, die wie ein Beleg für dieses Verdikt betrachtet werden kann, dann ist es das Barock. Hier entführt die Oper den Besucher in Märchenwelten, hier treten Zauberinnen auf, hier wird Rache geübt, leidenschaftlich geliebt und ebenso leidenschaftlich gehasst, alles auf höchster Kochstufe. Die Handlung dient weitgehend dazu, Figuren in Extremsituationen zu versetzen, Figuren dienen dem Zweck, glühende Affekte vorzuführen. Psychologie ist hier Nebensache, stringente Handlung auch. Das alles haben sich offenbar Jossi Wieler und Sergio Morabito vor Augen gehalten, als sie sich daran machten, Händels „Ariodante“ für die Oper Stuttgart zu inszenieren – auf faszinierende und zugleich verstörende Weise, beides extrem, versteht sich.

Foto: Christoph Katscheuer

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