Archiv der Kategorie: Kunst

Apokalypsen mit dem Kohlestift. Robert Schneiders Reflexionen zu Verdun in Schloss Bonndorf

Fast fünfzig Jahre hatte Gerhard Richter in seiner Fotomaterialsammlung für künftige Gemälde Fotos aus dem KZ Birkenau aufbewahrt. Immer wieder hatte er diese Fotos künstlerisch verarbeiten wollen, doch ein Konzentrationslager, so befand Richter schließlich, könne man nicht abmalen. Das Resultat waren am Ende vier abstrakte Farbimpressionen. Der in Hamburg lebende Maler und Zeichner Robert Schneider hat sich über Jahrzehnte hinweg den großen Weltkatastrophen des 20. Jahrhunderts gewidmet – so etwa Auschwitz und Verdun, und kam zu einem ganz anderen Ergebnis.

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                            Verdun Nr. 1, Kohle/Karton, 102,5x150cm   © VG Bild-Kunst Bonn 2016                         

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Alte Druckgraphik im Computerzeitalter: Wolfgang Neumanns digitale Radierungen

Angefangen hatte alles mit Waffen- und Goldschmieden. Sie rieben Ruß in die Muster, die sie in das Metall geritzt hatten, und druckten die Platten auf Papier – als Werbung für ihre handwerkliche Fertigkeit; die Radierung war erfunden. Mit Dürer und Rembrandt erlebte das Verfahren eine frühe künstlerische Blüte – und wird bis in unsere Gegenwart von Künstlern hoch geschätzt, auch von dem 1977 geborenen Wolfgang Neumann. Er freilich führt sie auf seine Weise in die Kunst der Gegenwart weiter – wie eine Ausstellung im Hospitalhof in Stuttgart zeigt.

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Crloud, 2016 © VG Bild-Kunst Bonn 2016

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Kunst zwischen Wissen und Ahnen – Florian Haller und Sebastian Marokko Walter

Wo das Wissen an seine Grenze kommt, wo die Wissenschaft so theoretisch oder gar hypothetisch wird, dass sie dem „Normalsterblichen“ keinerlei Anschauung mehr vermittelt, da könnte die Stunde der Kunst schlagen, denn sie vermag Phänomene aufleuchten zu lassen, die sich dem rationalen Zugriff entziehen. Eine Ausstellung in der Städtischen Galerie in Schwenningen stellt diese Hypothese nun in Frage. Sie versucht aufzuzeigen, was Kunst und Wissenschaft gemeinsam haben könnten.

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Haller+Walter_Eröffnung

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Vorher – Nachher? Kunst als Zwischenwelt im Museum Art Plus Donaueschingen

Vor dem Museum Art Plus stehen dicht an dicht zwei Telefonzellen. Zwischen ihnen wölbt sich eine Art Kissen – aus Metall. „Rohrschachtelefon“ nennt Sebastian Kuhn seine Arbeit und bietet eine Einstimmung auf das, was im Museumsgebäude folgt: Eine Auseinandersetzung mit dem „“Between“, so der Ausstellungstitel, dem „Dazwischen“ – in diesem Fall der Frage: Was geschieht zwischen den Zellen, was geschieht mit denen, die versuchen in den Zellen zu kommunizieren, denn statt der Telefonapparate finden sich lediglich Neonröhren und Spiegel: Wer hier telefonieren will, ist ganz auf sich geworfen.

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Malen als Schöpfungsakt. Fred Thieler

Es gibt Künstler, die man auf den ersten Blick einer Stilrichtung zuordnen kann. Dazu zählt gewiss Fred Thieler. Mit seinen Farbimpressionen und -landschaften, die wie zufällig auf Leinwand und Papier entstanden zu sein scheinen, ist er ein Musterbeispiel für die Richtung, die als „Informel“ in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts die Kunstentwicklung prägte und für deren Charakterisierung sich Begriffe wie “Formlosigkeit“ und „uneingeschränkte Spontaneität“ eingebürgert haben. Beide treffen auch auf die Gemälde von Fred Thieler zu – und doch, wie eine Ausstellung in der Galerie Schlichtenmaier deutlich macht, beileibe nicht nur.

 

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Fragil – Stabil: Angela M. Flaig und Armin Göhringer in der Zehntscheuer Rottenburg

Geometrische Körper aus Samen – ätherische weißliche Luftgebilde, die beim leisesten Lufthauch zu zerfallen drohen auf der einen Seite. Baumstämme mit der Kettensäge bearbeitet, zerlegt in lauter Einzelteile, schwarz bemalt, dass man die Maserung des Holzes kaum mehr erkennen kann auf der anderen Seite. In der Zehntscheuer Rottenburg begegnen sich mit Arbeiten von Angela M. Flaig und Armin Göhringer Gegensätze, wie sie krasser kaum sein könnten, und dennoch entstand eine Ausstellung von faszinierender Geschlossenheit.

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Angela Flaig, Schalen

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Ein Leben zwischen Kirchen, Stein und Masken – der Bildhauer Willi Bucher

Vielen gilt er als der „Maskenbucher“ – der Bildhauer Willi Bucher in Fridingen Seit Jahrzehnten schnitzt er traditionelle Masken für die Fastnacht seiner alemannischen Heimat – doch das ist nur eine Nebenbeschäftigung: Denn Willi Bucher ist nicht Handwerker, sondern vielseitig ausgebildeter Bildhauer, und die Masken, die er schnitzt und mit vielerlei ungewöhnlichen Materialien versieht, sind Kunstwerke, in vielen Ausstellung bereits gezeigt.

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Schattenseiten des Menschen: Francisco Goyas Radierungen

Eigentlich sind Werk und Biographie dieses Mannes kaum zu begreifen. Da malte Francisco Goya Mitglieder des spanischen Hofes mit schonungsloser Offenheit, porträtierte geradezu fratzenhafte Gesichter und wird doch akzeptiert, sogar zum Hofmaler ernannt. Es dürfte einer der seltenen Fälle sein, wo Ehrlichkeit, und zwar gnadenlose Ehrlichkeit, von der feinen Gesellschaft offenbar ohne große Probleme hingenommen, sogar honoriert wird. Und dann zieht sich dieser Hofmaler Goya plötzlich weitgehend von repräsentativen Porträts der Adelsgesellschaft zurück und widmet sich in den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts intensiv der Graphik, der Radierung. Die Galerie Stihl in Waiblingen zeigt seine vier großen Zyklen. Der erste trägt den harmlosen Titel: „Caprichos“, das heißt „ Launen“ – ist aber ein wahres Pandämonium menschlicher und gesellschaftlicher Mängel. 

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© Morat-Institut Freiburg i. Brsg. Foto: Bernhard Strauss

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Eine Künstlerin zwischen Heimat und Moderne – Gabriela Oberkofler

Bei Heimatkunst rümpft man gern die Nase: Man denkt an Zopffrisuren, Trachtenfeste, Bilder mit röhrenden Hirschen; sie gilt als rückständig, weltfern, hinterwäldlerisch, Schriftsteller wie Ganghofer oder Anzengruber fallen einem ein. Wenn Künstler von heute sich dem Thema Heimat zuwenden, dann nicht selten ironisch, distanziert. Nicht so Gabriela Oberkofler. Die in Stuttgart arbeitende Künstlerin stammt aus einer Bergbauernfamilie in Südtirol und beherrscht alle Kunstmittel – traditionelle wie die Zeichnung ebenso wie moderne, etwa Performance und Video. Ihre Arbeiten kreisen um Themen wie Heimat, Fremde, Reisen – und immer wieder Natur. In der Kunsthalle Göppingen zeigt sie Zeichnungen und Installationen.

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Zwischen Werden und Vergehen. Die Kunst des Joseph Bücheler

Gelegentlich kann man hoch oben in Baumkronen seltsame Gebilde entdecken: Sie sehen wie weißlich-gräuliche alte Stoffe aus und erinnern an Vogelschwingen oder auch an Grabtücher. Das sind Arbeiten des 1936 in Wiesbaden geborenen Joseph Bücheler und stammen aus Papier, Weidenstöcken, Graphit und Asche.

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Eislinger Kreisel Beflügelt, 2003. Foto: Michael Flaig © VG Bild-Kunst Bonn 2016

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