Archiv der Kategorie: Kunst

Kunst im Kopf? Georg Baselitz und Albert Oehlen im Kunstverein Reutlingen

Kunstliebhaber haben es derzeit in Reutlingen nicht einfach. Die Städtische Galerie präsentiert die Südseereise, die der Maler Max Pechstein mit seiner Frau Lotte 1913 unternahm, und will das bisher gängige Bild dieser Reise zurechtrücken. Das gelingt im Katalogbuch vorzüglich, doch die Ausstellung bleibt hinter diesem Anspruch zurück und zeigt einmal mehr Pechsteins verklärtes Südseebild. Beim Kunstverein Reutlingen könnte sich der Besucher sicher wähnen. Dem Verein gelang es, mit Georg Baselitz und Albert Oehlen zwei wichtige Vertreter der Nachkriegskunst zu engagieren, doch wer bei Baselitz dessen auf dem Kopf stehende Figuren erwartet, wird enttäuscht, muss umdenken.

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Zwischen Traum und Wirklichkeit: Max Pechsteins Bild von der Südsee

Gauguin hatte es allen vorgemacht. Des Lebens in Paris überdrüssig, suchte er in der Südsee sein Paradies, hielt sich mehrfach auf Tahiti auf. Diesem Beispiel folgten dreißig Jahre danach Künstler, die sich unter dem Namen „Die Brücke“ zu einer neuen Kunst zusammengefunden hatten – Ernst Ludwig Kirchner, Emil Nolde und Max Pechstein. Sie alle brachten wie Gauguin von ihrer Reise einen neuen Malstil mit, vereinfacht in den Formen, sie alle hatten mit den in der Südsee oder danach entstandenen Gemälden Erfolg, wie auch Gauguin, und noch heute wird Pechsteins Reise gern als Fahrt ins Paradies präsentiert, so geschehen vor zwanzig Jahren im Spendhaus in Reutlingen. „Das ferne Paradies“ hieß die Schau damals in Zusammenarbeit mit dem Museum in Zwickau. Das scheint sich zu wiederholen: „Der Traum vom Paradies“ heißt die neue Präsentation, wieder in Koproduktion mit Zwickau, jedoch ergänzt durch den Untertitel: „Max und Lotte Pechstein in der Südsee“, und das ist ein entscheidender Unterschied.

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Bewegte Plastik – das bildhauerische Schaffen von Gerlinde Beck

Reglos sind sie, „statuarisch“, und stumm – das gilt jedenfalls für den Großteil aller Statuen seit der Antike. Im 20. Jahrhundert hat die Plastik oder Skulptur sich zwar verändert, sie wurde weniger sich selbst genügend, der Umraum der Arbeit ging in die Gestaltung ein, doch grundlegend hat sich am Charakter des stummen Starren wenig geändert. Grundsätzlich gilt das auch für die Arbeiten der 2006 verstorbenen Bildhauerin Gerlinde Beck, und doch hat sie im Laufe ihres Schaffens eine ganz eigene Form der Plastik kreiert. Die Städtische Galerie Böblingen zeigt jetzt einen Überblick über diese Entwicklung.

beckg_s_80-001-m-700x464Skulptur in Röhrenlandschaft, 1972 © VG Bild-Kunst Bonn 2016

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Abstrakte Malerei im Blumenbild – Emil Nolde

1930 bezog Emil Nolde ein Haus bei Seebüll, das er selbst entworfen hatte – modern nach dem Vorbild der klaren Linien, wie sie das Bauhaus lehrte. Und auch der Garten voller farbenfroher Blumen folgte seinem Entwurf und sieht heute noch so aus wie zu seinen Lebzeiten, und aus diesem Garten bezog er die wesentlichen Impulse für seine Malerei. Eine Ausstellung im Kunstmuseum Ravensburg zeigt, dass er durchaus als Blumenmaler bezeichnet werden kann, aber nicht, weil er unbedingt Blumen malen wollte – Blumen waren für ihn nur Anlass für einen expressiven Umgang mit Farbe.

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Ein Drucker aus Passion – der Holzschneider Klaus Herzer

Ein Fachwerkhaus aus dem Jahr 1700, lange Zeit Sitz der Schultheißen von Öschingen auf der Schwäbischen Alb, hat seit 2001 einen neuen Namen: Holzschnittmuseum Klaus Herzer. Das ist ein etwas umständlicher Name, und doch wird er dem gerecht, was den Besucher in diesem ehrwürdigen Gebäude empfängt: ein Museum, das dem Holzschnitt gewidmet ist, und zugleich ein Museum, in dessen Zentrum das Lebenswerk des 1932 geborenen Druckgraphikers steht.

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Zeichen VI 1972

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Grenzgänger zwischen Natur und Kunst – herman de vries

Sein Atelier sind die Wälder und Felder im Steigerwald, streng genommen sogar die ganze Welt, denn überall auf dem Globus hat er die Materialien gesammelt, die seine Kunst ausmachen. Herman de vries ist gelernter Gärtner – und zugleich einer der begehrten Künstler unserer Zeit. 2015 hat er – viel beachtet – den niederländischen Pavillon auf der Biennale von Venedig gestaltet. Jetzt zeigt die Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen Werke des 1931 in Alkmaar geborenen Künstlers aus drei Jahrzehnten seines Schaffens.

02_devries_from_earth_deutschland_2006_mkk-in-1100x613               from earth – Deutschland, 2006. Museum für Konkrete Kunst, Ingolstadt. Foto: Helmut Baue

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Eigenständig und doch vergessen: Riccarda Gregor/Gohr-Grieshaber

Es gibt Künstler, die auf ihre Umgebung einen nachhaltigen Eindruck ausüben und doch in der breiteren Öffentlichkeit in Vergessenheit geraten sind. Riccarda Gohr zählt zu ihnen. Emil Kiess, einer der faszinierendsten Maler im deutschen Südwesten, der seit Jahrzehnten mit unterschiedlichen Konzepten dem Wirken und der gegenseitigen Beeinflussung der Farben nachspürt, nennt sie noch heute „Frau Gohr“ im Ton großer Verehrung. Sie habe ihn den Eigenwert der Farbe erkennen gelehrt. Den Namen Gohr hatte sie von ihrem Ehemann Hans Gohr; die Ehe scheiterte. Mit Geburtsnamen hieß sie Pfeiffer, als Künstlernamen wählte sie den männlichen Vornamen Gregor, und in ihrer zweiten Ehe nannte sie sich Riccarda Gregor-Grieshaber – vielleicht ist schon diese Namensvielfalt ein Grund dafür, weshalb man sich nicht leicht tut, sie einzuordnen. Eine Ausstellung im Wasserschloss Glatt heißt denn auch schlicht: „Riccarda“.

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                                                            Motorradfahrer, um 1952

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Zwischen Existentialismus und geometrischer Abstraktion: Francis Bacon in der Staatsgalerie Stuttgart

Geschundene Leiber, verzerrte Perspektiven, der Mensch als Opfer – als Opfer des Lebenskampfes, aber auch als Opfer seiner Begierden: Francis Bacon hat wie kaum ein zweiter Maler die Gewalt, die das 20. Jahrhundert geprägt hat, in seiner Malerei zum Ausdruck gebracht. So präsentierte die Staatsgalerie Stuttgart den Jahrhundertmaler vor dreißig Jahren, und schon damals deutete sich ein zweiter Aspekt an: Bacons Gestalten leiden nicht nur an sich selbst, sie leiden auch an ihren Lebensumständen. Sie sind Gefangene. Jetzt legt eine neue Ausstellung in der Staatsgalerie den Fokus auf eben diese Situation des Gefangenseins und eröffnet Dimensionen im Werk Bacons, die ihn zu Recht als einen der größten Maler des 20. Jahrhunderts ausweisen, nicht nur wegen seiner Inhalte.

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Planung oder Intuition: Der Zufall in der bildenden Kunst

Gott würfele nicht, hat Albert Einstein noch 1942 formuliert – und er wusste auch, gegen wen er diese Formulierung wählte: Die Quantenmechanik (möglicherweise personell vertreten durch Werner Heisenberg), sie nämlich hatte offenbar endgültig Schluss gemacht mit einem deterministischen Weltbild. Doch spätestens seit der Quantenphysik ist der Zufall auch naturwissenschaftlich aus der Welt nicht mehr wegzudenken, und letztlich ist ja auch das evolutionäre Weltbild eines Charles Darwin ohne Zufall nicht vorstellbar. Und die Kunst zumal im 20. Jahrhundert macht da keine Ausnahme, wie nun das Kunstmuseum Stuttgart zeigt.

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Alte Kunst im Stil unserer Zeit: Das Stillleben heute

Ein Tisch mit Obst und einer Vase mit Blumen, perfekt realistisch gemalt – mit ihren Stillleben stellten die Künstler im 16. und 17. Jahrhundert ihre stupende technische Präzision mit Pinsel und Farbe unter Beweis. Täuschend echt sind die Äpfel gemalt, deutlich erkennbar die unterschiedlichen Blumenarten: ein Fest der Sinne und ein Loblied auf die Schönheit der Natur. Oft aber ist zugleich auch ein erhobener Zeigefinger mit im Spiel: Ein toter Fasan verweist auf das Ende des Lebens, ein Stillleben ist oft auch ein Memento Mori – und zugleich eine Aufforderung, das Leben zu genießen, ein Carpe Diem. Eine Ausstellung im Dominikanermuseum in Rottweil zeigt, dass dieses alte Genre auch im Zeitalter der perfekten Fotografie noch relevant ist.

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