Synthese von Tradition und Moderne: Lyonel Feininger in der Galerie Stihl in Waiblingen

Die einzige Konstante in seinem Leben scheint New York gewesen zu sein: Hier wurde er 1871 als Sohn eines Musikerehepaars geboren, und hier starb er 1956: Lyonel Feininger. Dazwischen war es ein Leben voller unerwarteter Wendungen: Er wollte Geiger werden, wandte sich aber der bildenden Kunst zu, er heiratete eine Schülerin des Pianisten Arthur Schnabel, verließ seine Familie aber wegen Julia Berg, einer Künstlerin, er stellte zusammen mit den Expressionisten der Brücke und des Blauen Reiters aus und pflegte doch einen hochgradig unexpressionistischen Stil. Entscheidend war seine Begegnung mit dem Kubismus, doch ein Kubist im strengen Sinne wurde er dennoch nicht. Bekannt ist er vor allem als Maler, doch am Bauhaus leitete er die Druckwerkstätten, und so ist es nur folgerichtig, wenn die Galerie Stihl in Waiblingen nun den Graphiker Feininger ins Zentrum rückt.

 

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Zwischen Hoffen und Scheitern. Armin Petras inszeniert Eugene O’Neills Eines langen Tages Reise in die Nacht

Bei Mozart heißt er Cherubino und ist in Wirklichkeit eine Sie, bei Strauss nennt die Marschallin ihren Octavian „Kindchen“ und tollt mit einer Mezzosopranistin im Bett: Hosenrollen nennt man derlei, es hat Tradition, und niemand denkt sich dabei etwas. Ganz anders ist es auf der Sprechbühne, und erst recht, wenn nicht Frauen die Hosen anhaben, sondern Männer in Frauenkleider schlüpfen. Zwar hatten berühmte Schauspieler damit Erfolg wie Dustin Hoffman als Tootsie und Peter Alexander als Charleys Tante, doch da ist der Rollentausch immerhin handlungsbedingt und auf Zeit; nicht so derzeit am Schauspiel Stuttgart in Eugene O’Neills Theaterstück Eines langen Tages Reise in die Nacht.

Foto: Thomas Aurin

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Mit Bildern sprechen: Günther Ueckers Huldigung an Hafez

Sein Grab ist eine touristische Wallfahrtsstätte in Shiraz; hier wurde er vor über 600 Jahren bestattet, Schah Reza Pahlavi ließ darüber einen Pavillon bauen: Hafis, wie man ihn früher schrieb, Hafez, wie man ihn heute entsprechend der Aussprache seines Namens schreibt. In seinem „Diwan“ besang er die Schönheit und Reize der Frauen, aber er schrieb auch über Trennung und Sehnsucht. Seine Gedichte haben Goethe zu seinem West-östlichen Diwan angeregt, vor zwei Jahren hat er Günther Uecker zu Aquarellen inspiriert. Jetzt wurden sie in der Reutlinger Siebdruckfirma Graffiti gedruckt und sind jetzt nach Ausstellungsstationen in Shiraz und Wolfenbüttel im Reutlinger Spendhaus zu sehen: Huldigung an Hafez.

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Aus Liebe zur Geometrie: Die Konkrete Kunst in der Sammlung Teufel

Es war eine radikale Absage an Inhalte in der Malerei. Persönlicher Ausdruck war verpönt. Es galten nur konkrete Dinge wie Farbe, Linie, Fläche. So definierte Theo van Doesburg 1930 die von ihm mit Freunden konzipierte neue Kunst: Die Konkrete Kunst war geboren. Es hätte mit dieser radikalen Einschränkung der Ausdrucksmittel eine Sackgasse in der Kunstgeschichte werden können. Doch bis heute hat sie an Aktualität nichts verloren. Daran hat nicht zuletzt der Galerist und Sammler Heinz Teufel einen wesentlichen Anteil, denn er setzte sich entschieden für das Konkrete in der Kunst ein.

 

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Und ewig lockt … Verführung als Inbegriff des Tanzes am Stuttgarter Ballett

Es gilt als das Buch der Verführung schlechthin, das Kamasutra (deutsch Verse des Verlangens), und Verführung ist das Wesen der Erotik. Doch Verführung birgt auch Gefahren, sie macht widerstandslos, besteht ihr Ziel doch darin, das Gegenüber von seinem eigentlichen Weg abzuführen. Folgerichtig sah der Soziologe Max Weber in der Verführung eine Form der Machtausübung und damit der Herrschaft. Verführung hat ein Janusgesicht – und genau dieses Doppelspiel führt ein neuer Abend beim Stuttgarter Ballett in vier Facetten vor.

Tänzer/dancers: Friedemann Vogel, Ensemble © Carlos Quezada

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Der Ruch der bösen Tat. Peter Konwitschnys Stuttgarter Elektra-Inszenierung

Schuld ist, wie so oft in der griechischen Mythologie, der Trojanische Krieg. Bereitwillig übernimmt Agamemnon den Oberbefehl über die Griechen, um die Gattin seines Bruders Menelaos aus Troja wieder heimzuholen. Doch weil der Wind für die Seereise fehlt, opfert er seine Tochter Iphigenie. Das wird ihm zum Verhängnis, denn siegreich zurück vom Krieg wird er wegen der Opferung Iphigenies von seiner Frau Klytemnästra und deren Geliebten Aegisth getötet. So die Vorgeschichte von Richard Strauss‘ Oper Elektra.

Rebecca Teem (Elektra), Bernhard Conrad (Agamemnon)

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Pop Art made in Germany. Die Sammlung Kraft

Es war die Kunst der Nachkriegszeit, eine Kunst der Konsumwelt, des Luxus, der Alltäglichkeit: die Pop Art. Alles, was in den 50er Jahren in der Kunst verpönt war – Gegenständlichkeit, leichte Verständlichkeit, Plakativität – wurde in ihr zum Motto erhoben. Ob Industrieprodukte wie Suppendosen, Comics oder Objekte wie die amerikanische Flagge – alles wurde subtiler farblicher Nuancen entkleidet und in grellen Farben auf die Leinwand gebracht. Der persönliche Pinselstrich galt nichts mehr, die Revolte gegen den abstrakten Expressionismus in den USA oder das Informel in Europa war vollkommen. Die Sammlung des Kölners Hartmut Kraft zeigt die Folgen dieser amerikanischen Revolution (die freilich in England ihre Ursprünge hatte) für die deutsche Kunstszene.

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Ein Schwabe verändert die Welt: Carl Laemmle und das Kino

Die amerikanische Traumweltindustrie erinnert gern an ihre großen Väter. Was 1918 vier aus Polen stammende Brüder begründeten, lebt heute noch mit ihrem Namen fort als Warner Brothers, MGM ist benannt nach ihrem Gründer Louis B. Mayer. Beiden Filmgesellschaften ging aber eine Gründung voraus, die mit Fug und Recht LFS heißen könnte, Laemmle Film Studios, benannt Carl Laemmle.Der hatte seine Filmfirma bereits 1912 ins Leben gerufen und Universal Studios genannt, und damit endete sein Einsatz für die Traumindustrie keineswegs. Das Haus der Geschichte in Stuttgart zeichnet zum 150. Geburtstag die Lebensgeschichte dieses gebürtigen Schwaben aus Laupheim nach, die selbst Stoff für einen Film sein könnte.

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Gold und Silber zu Ehren Gottes: Der Zwiefaltener Klosterschatz

Es war noch keine fünfzig Jahre alt, da beschrieben es Zeitgenossen bereits als schimmernden Tempel „mit goldenen Kronen, mit goldenen, silbernen, kristallenen und elfenbeinernen Gefäßen, mit Edelsteinen und seidenen Wandbehängen“. Was nach einem morgenländischen Palast aus 1001 Nacht klingt, befand sich freilich auf der Schwäbischen Alb und war kein heidnisches Schloss, sondern ein katholisches Kloster: Zwiefalten. Noch heute zieht es Tausende von Besuchern an, obwohl es längst nur noch Relikt ist: Das Kloster wurde 1803 im Zuge der Säkularisation aufgelöst, seine Schätze nach Stuttgart verbracht, wo sie zum Teil eingeschmolzen wurden. Was der Zerstörungsarbeit durch die Protestanten entging, befindet sich heute im Besitz der Kirchengemeinde Zwiefalten, ist, von einzelnen Gegenständen, die im Kirchenalltag Verwendung finden, dem Auge der Öffentlichkeit entzogen. Eine Ausstellung im Diözesanmuseum Rottenburg zeigt, wie kostbar die Schätze sind, vor allem aber, was sie über das Kloster aussagen.

Staurothek, wohl Jerusalem, um 1100 © Zwiefalten, Katholische Kirchengemeinde. Foto Joachim Feist

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Mit Kunst für eine bessere Welt. Der Arzt Gremliza und die Lovis-Presse

Er war Arzt, und als solcher angetreten, das Leiden der Menschen zu mindern, Leben zu retten, Zukunft zu ermöglichen: Franz Georg Ludwig (genannt Lovis) Gremliza. Nach Schwenningen verschlug es ihn kurz vor Kriegsende, und auch wenn sein Wirken in dieser Stadt nur wenige Jahre währte, so sollte sein Einsatz hier Folgen bis in die Gegenwart haben, denn Gremliza beschränkte sein Engagement nicht auf den Leib der Patienten, sondern kümmerte sich gleichermaßen um deren seelisches und kulturelles Wohlergehen. Die Städtische Galerie in Schwenningen gäbe es ohne ihn möglicherweise nicht, jetzt würdigt sie sein Engagement in einer Ausstellung.

Gertraud Roszosky, Portrait Dr. Lovis Gremliza, 1947

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