Archiv der Kategorie: Kunst

Zwischen Kirche und Individuum – die Malerin Käte Schaller-Härlin in der Kunststiftung Hohenkarpfen

Wer sich heute die Studentenlisten der Kunstakademien ansieht, wird auf mindestens ebenso viele Frauen wie Männer treffen, das war keineswegs immer so im Gegenteil: Die Emanzipation der Frau war ein langer und steiniger Weg, und das gilt erst recht für die Kunstwelt. Die Frau hatte ihren Platz am Herd und nicht an der Staffelei. Wollte sie studieren, musste sie sich mit einem Platz an einer Damenakademie begnügen, der Zutritt zu den Kunstakademien war Frauen bis ins 20. Jahrhundert hinein verwehrt, und an diesen speziellen Akademien, von denen es im 19. Jahrhundert in Deutschland gerade einmal drei gab, mussten sie im Vergleich zu den männlichen Studierenden an einer offiziellen Kunstakademie das Zehnfache bezahlen. Das alles ist nachzulesen in einer Monographie über die Stuttgarter Malerin Käte Schaller-Härlin, die erste über eine Frau, die trotz solcher Widrigkeiten ihren Platz in der Kunstgeschichte fand und dennoch heute allenfalls ein Geheimtipp ist. Eine Ausstellung in der Kunststiftung Hohenkarpfen bietet einen Überblick über ihr umfangreiches Schaffen.

Selbstbildnis in Mädrigen, 1937. Privatbesitz

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Die Königin an der Lagune – Künstler von heute und Venedig

Die Zahlen sprechen für sich: 30 Millionen Touristen besuchen Venedig pro Jahr, man könnte auch sagen sie überfallen die Stadt an der Lagune, und trotzdem hat sie nichts von ihrer Faszination verloren. Noch immer ist sie die Serenissima, ein Traum aus Licht und Wasser und natürlich märchenhafter Architektur, ob beim Dogenpalast, einem der bedeutendsten Profanbauten der Gotik, oder bei der barocken Kirche Santa Maria delle Salute, die aus Anlass der Pest errichtet wurde, denn auch das gehört zu Venedig: die Schattenseite, der drohende Verfall – kein Wunder, dass sich Künstler seit Jahrhunderten von dieser Stadt angezogen fühlten, bis heute, wie eine Ausstellung in Ochsenhausen zeigt.

Joachim Elzmann, Venedig, 2014

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Neue Kunst für neue Kunden – amerikanische Druckgraphik vor 50 Jahren

Auf den ersten Blick erkennbar sollte sie sein, leicht verständlich, der Alltagswelt verhaftet – die Pop Art revolutionierte den Kunstbegriff: Abkehr von allem Elitären, Verherrlichung des Alltags, vor allem aber eine Kunst für alle. Kein Wunder, dass die Pop-Künstler vor allem die Druckgraphik schätzten, die davor in den USA kaum eine Rolle gespielt hatte. Mit ihr ließ sich Kunst vervielfältigen, einem großen Publikum zugänglich und vor allem erschwinglich machen. Eine Ausstellung der Staatsgalerie Stuttgart zeigt, dass sich dieser „Great Graphic Boom“ beileibe nicht auf diese Kunstströmung beschränkte.

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Faszinierend vieldeutig: Die Sammlung Klein

Es gibt verschiedene Arten, Kunst zu sammeln. Da sind auf der einen Seite die Spezialisten, sie widmen sich ganz einer Epoche, einer Kunstgattung oder -strömung wie etwa die Sammlung Kraft, die sich ganz auf die deutsche Pop Art konzentriert und derzeit in der Städtischen Galerie in Villingen-Schwenningen zu sehen ist. Und es gibt jene Sammler, die aus innerer Neigung Einzelwerke sammeln. So das Ehepaar Klein, dessen Sammlung derzeit in einer Auswahl im Kunstmuseum Stuttgart präsentiert wird. Die Gefahr einer solchen Ausstellung besteht darin, dass der Besucher mit einer divergenten Vielzahl von Werken konfrontiert ist, die ausschließlich die Vorlieben der Sammler verraten. Das trifft in diesem Fall durchaus zu, und doch hat das Kunstmuseum diese Gefahr souverän vermieden durch eine raffinierte Hängung und die Tatsache, dass von den Künstlern jeweils mehrere Werke ausgestellt werden.

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Falsch und doch echt. Jim Avignons „Covermalerei“

Es gibt viele Formen der Nachahmung. Die perfideste ist die Fälschung, die perfekte Imitation eines Originals, die als Original ausgegeben wird. Ein Plagiat ahmt das Original nur nach, gibt aber nicht die Quelle an, ein Zitat greift nur Elemente eines Originals auf und spielt oder argumentiert damit, ein Remake ist eine Neuversion eines Originals durch den ursprünglichen Künstler, ein Cover die Neuversion eines Musikoriginals durch einen anderen Künstler. Für die Städtische Galerie in Böblingen hat der Berliner Künstler Jim Avignon Letzteres angefertigt: Coverversionen nicht älterer Musikstücke, sondern älterer Gemälde: Neo – interpretiert.

 

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Grenzüberschreitungen – Wolfgang Flad und Jürgen Elsner in Bad Waldsee

Künstler arbeiten mit Materialien, und ihre Arbeit folgt Gesetzen, die die Materialien auferlegen. So entstehen Tafelbilder in der Regel durch Malerei mit Ölfarbe auf Holz oder Leinwand, und schon diese Malgründe erfordern einen unterschiedlichen Farbauftrag, hinzu kommt, dass die zähflüssige Ölfarbe der malenden Hand andere Widerstände entgegenbringt als etwa die moderne Acrylfarbe oder gar die transparente Aquarellfarbe. Der Bildhauer arbeitet mit Stein, Holz oder Stahl – schweren Materialien, statisch, in sich ruhend. Künstler können mit diesen Gesetzlichkeiten arbeiten. Zwei Ausstellungen in Bad Waldsee zeigen, dass man auch gegen sie arbeiten kann.

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Tierisch menschlich: 400 Jahre Tier und Mensch in der Kunst

Sie werden ausgebeutet als Arbeitstiere, hingemetzelt als Schlachtvieh und gehätschelt als Schoßhündchen – das Verhältnis des Menschen zum Tier ist zwiespältig: Mal wird es in Massen gehalten, mal zärtlich verwöhnt als Kindersatz. Es hat sich viel geändert im Lauf der Geschichte, in diesem Verhältnis aber offenbar wenig; es hätte mehr sein können, wenn es nach den Künstlern gegangen wäre, wie nun eine Ausstellung im Kunstmuseum Ravensburg zeigt.

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Synthesen von Gegensätzlichkeiten: Sean Scully und Liliane Tomasko

Zwei grundlegend unterschiedliche Ausdrucksformen bestimmen die Kunst der Moderne. Auf der einen Seite ist es der individuelle Pinselstrich, Ausfluss der Gestimmtheit des Künstlers, ob er nun den abstrakten Expressionisten wie de Kooning zuzurechnen ist oder den Actionpaintern wie Jackson Pollock – das Bild letztlich als Ausdruck der Künstlerpsyche. Auf der anderen Seite die Abwesenheit jeglicher Subjektivität, Dominanz der Geometrie, Reduktion auf wenige Linien und Farben. Eine Ausstellung mit Werken des Künstlerpaars Liliane Tomasko und Sean Scully im KUNSTWERK, dem Museum der Privatsammlung Klein in Eberdingen, zeigt beide Positionen und demonstriert, dass sie einander nicht ausschließen.

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Dünn, aber oho – die Linie als Alleskönnerin

Sie ist eine der ältesten Kulturformen der Kunst – die Linie. In alten Hochkulturen wurde sie in Ton geritzt, mit ihrer Hilfe wurden in Höhlen Tiere porträtiert, sie ist das Grundelement einer jeden Zeichnung. Die Renaissance unterschied die schöne geschwungene Linie von der starren, und im 20. Jahrhundert erfuhr die Linie eine neue Blüte im Werk eines Picasso oder Klee, nicht zuletzt weil sie im Grunde abstrakt ist, sich aber zu jeder Darstellungsform eignet. Dass die Linie eine Alleskönnerin ist, zeigt jetzt eine Ausstellung in der Galerie Stihl in Waiblingen.

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Die Farbe der Farben: Rot im Museum Ritter

Es wirkt bedrohlich, kämpferisch – Rot signalisiert Gefahr, die roten Leinwände eines Barnett Newman wurden tätlich angegriffen – dabei ist die Farbe physikalisch eher langweilig, von allen Farben die mit der geringsten Energie. Entsprechend breit ist das Spektrum der Emotionen, die diese Farbe auslösen kann. Wirkt Zinnoberrot aggressiv, ist Scharlachrot mit seiner Tendenz zu Orange eher weich, und Karmin mit seinem purpurnen Schimmer kühl anmutend, auch gern als Signum der Macht verwendet. Kalt lässt die Farbe niemanden, für Goethe war sie die Farbe schlechthin, im Russischen ist rot ein Synonym für „schön“, in der Offenbarung des Johannes dagegen verwerflich mit der in Scharlach gekleideten Hure Babylon, ein Nachhall hiervon findet sich heute noch im Rotlichtmilieu. Eine Ausstellung, die sich dieser Farbe widmet, regt an und auf – derzeit im Museum Ritter, natürlich, wie alles in diesem Museum, in quadratischer Form.

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